Wahrnehmungsapparatur – eine performative Rauminstallation in der Bildungswerkstatt

Im Rahmen des Programms „Curriculum 4.0 NRW“ des Stifterverbandes nutzt der Studiengang „Kindheitspädagogik und Familienbildung“ der TH Köln die Möglichkeit, Artists in Residence an die Hochschule einzuladen. Neben didaktischen, pädagogischen, humanwissenschaftlichen und gesellschaftstheoretischen Zugängen zu Digitalität sollen auf diese Weise auch künstlerische Ansätze und Perspektiven zur Geltung kommen.

Wahrnehmungsapparatur – Das  Künstlerinnenduo Yoshie  Shibahara  und Tessa  Knapp  erforscht in einer Laborsituation das Sehen und Hören. Begleitet von  einer  digitalen  Sprachassistenz  entwickeln  sie  durch  den  Einsatz von Licht, Klang, Stimme und bewegter Architektur eine performative Rauminstallation, bei der eine Wahrnehmungsdramaturgie zwischen Analogem und Digitalem entsteht.

Die Performance findet im Rahmen des Projektes »Kooperative Entwicklung einer handlungsfelderübergreifenden Digitalisierungsstrategie „On-the-Fly“ zum Curriculum 4.0 im Studiengang Kindheitspädagogik und Familienbildung« (KiFab C 4.0) statt.

Termine: 12. und 13. Mai im Sommersemester 2023

Ort: Fakultät 01 in der Bildungswerkstatt, Ubierring 48, 50678 Köln

Beginn: 19 Uhr

Teilnahme: Keine Anmeldung erforderlich.

Weitere Infos unter: https://kifab-c4.web.th-koeln.de/tessa-knapp/

Einladungs-Poster

Tessa Knapp

Seit dem Sommersemster 2022 arbeitet Tessa Knapp als Residenz-künstlerin in der Bildungswerkstatt.

Mit gespannter Vorfreude können hier erste Eindrücke gesammelt werden:

Foto von Tessa Knapp auf dem sie eine Sprachbox um den Hals trägt
Foto-Courtesy: Foto Anna Gala, Copyright by Very Contemporary 2022 and Kunsthaus NRW 2022

Tanque de Tormentas

Nieves de la Fuente Gutiérrez während ihres digitalen Rundgangs Tanque de Tormentas in der Bildungswerkstatt der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften
Nieves de la Fuente Gutiérrez während ihres digitalen Rundgangs Tanque de Tormentas in der Bildungswerkstatt der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften

Seit März hat Nieves de la Fuente Gutiérez zunächst mit Studierenden gearbeitet und Ihnen im interaktiven Seminarkontext eine erste Einführung in die Handhabung von digitalen Tools gegeben. Anhand dieser Tools konnten Studierende die individuelle Gestaltungen virtueller Landschaften vornehmen und damit Welten erschaffen, betreten und in und durch diese Sie miteinander kommunizieren. Ein Satz, den eine Studierende nachhaltig von Nieves De La Fuente Gutiérrez behielt, war „Alles ist möglich!“. Das Licht ist modifizierbar, in Räumen werden eingefügte Links abgespielt, echte Gegenstände können als 3D-Modell gezeichnet, exportiert und wieder eingefügt werden.

Nach der Begleitung der Seminargruppe, erhielt im Juli dann die gesamte Fakultät einen Einblick in die künstlerische Tätigkeit: Mit Tanque de Tormentas teilt Nieves de la Fuente Gutiérrez ihren Blick in eine virtuelle Welt, in der Sie unter anderem mit biografischen Elementen arbeitet. Den Zuschauenden gewährte Sie hier einen virtuellen Rundgang durch eine eindrucksvoll gestaltete Welt.

Einführende Worte:

Interview zu Tanque de Tormentas, Nieves de la Fuente Gutiérrez, CC BY SA 4.0, TH Köln. Das Video ist lizenziert und kann nur unter den Bedingungen der Lizenz weiter verwendet werden.

Der Rundgang:

Tanque de Tormentas, Nieves de la Fuente Gutiérrez, CC BY SA 4.0, TH Köln. Das Video ist lizenziert und kann nur unter den Bedingungen der Lizenz weiter verwendet werden.

Telefonkonzerte

Darstellung der Installation Telefonkonzerte
TELEFONKONZERTE · Digitale Musikkulturen 2020 · Preis für innovative Konzertformate des NRW-Kultursekretariats (Bild: Rochus Aust)

STELL DIR VOR, ES IST PANDEMIE UND KEINER ZOOMT
Zu Beginn des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020, wurde schnell die Parole „Rufen Sie ihre Lieben an, halten Sie Kontakt per Telefon!“ ausgegeben, um vor allem älteren Angehörigen die Isolation zu erleichtern. Schnell wurde aber die Zoom-Session zum Format der ersten Wahl auserkoren und draußen blieben die, um die es eigentlich ging: die Nichtsovernetzten bzw. die Andersvernetzten.
Dass statistisch jede Zoom-Session länger als nötig dauert, und dass sich eine Kommunikationskultur des Nicht-richtig-aufhören-könnens durch dieses Medium entwickelt hat, beobachten viele mit Sorge, ohne dem Einhalt gebieten zu können. Beim Telefon hingegen sind die Formalita bereits über Dekaden hinweg erprobt und erlernt.

Das Telefon – im besten Falle das echte alte Festnetz – ist immer noch das stabilste und verlässlichste Kommunikationsmittel (ähnlich wie das terrestrische Radio, aber das ist eine andere Geschichte).
Dafür, dass wir in einer Zeit leben, in der jeder mindestens ein Telefon besitzt, telefonieren wir aber erstaunlich selten. Anrufe bekommen wir meist nur von Mama, Oma oder Opa („ich rufe in 2 Minuten zurück“). Das könnte sich im Umgang/Nachgang der Pandemie ändern: denn einerseits schenkt uns die Pandemie Zeit dafür und andererseits ist der akustische Sozialkontakt von vielfach größerer Intensität als jedes zweidimensionale Videobildchen. Außerdem benötigt das Telefonat keinen visuellen Hintergrund und keine räumliche Vorbereitung, sondern nur ein wenig Stille. Es ist immer noch schneller und unmittelbarer.

TELEFONKONZERTE
Das Telefonkonzert funktioniert vordergründig zunächst wie ein Radio-live-Konzert: „Guten Tag liebe Hörer:innen (Hallo Frau/Herr…) sie hören nun ‚Interpret:in‘ mit dem Werk ‚Werkname/Urheber:in‘ live aus dem ‚Konzertort‘. Wir wünschen gute Unterhaltung!“.
Der Unterschied: der/die Interpret:in ist selbst am (Telefon-)Hörer und das Telefonkonzert ist nur für individuelle Telekommunikations-teilnehmer:innen gedacht (ggf. für Mitbewohner:innen falls eine Freisprechanlage vorhanden ist, jedenfalls aber nur für einen Haushalt).
Soweit der kleinste gemeinsame Nenner in Sachen Hygienschutz für Publikum und Akteur:inn:e:n.
Das Telefonkonzert ermöglicht darüberhinaus die Berücksichtigung individuellster Bedürfnisse der Hörenden: in An-, Zwischen- und Abmoderation fungieren die Spielenden gleichzeitig auch als Programm- und Interpreteninformant:inn:en und können damit die Hörenden viel direkter emotional einbinden, als es Konzerte bisher vermochten.

HYBRIDFORMAT TEXT
Die Künstler:innen spielen für und sprechen mit ihrem Publikum. Diese Hybridform aus Gespräch und Musik ermöglicht nicht nur eine spontan modifizierbare Programmgestaltung auf Grund von Hinweisen/Vorlieben der Hörenden, sondern – im besten Falle – auch für die Spielenden ein besseres Kennenlernen des eigenen Publikums und die Annahme von – im besten Falle interessanten – Impulsen.

DOPPELHYBRID TECHNIK
Je nach technischer Ausstattung der Hörenden, können im Vorfeld und/oder Konzertverlauf  vorbereitete und/oder vorproduzierte ‚Add-Ons‘ eingebracht werden: Klänge/Zuspielungen, Bilder/Videos, Atmos, Webseiten, Texte etc. gespielt vom häuslichen Fernseher, PC, Radio, Zweitphone, CD-Player, Kassettenrecorder, Plattenspieler, Grammophon etc.
Damit wird das Telefonkonzert zu einem multimedialen Ereignis, das die singuläre Techniklandschaft der Hörenden in ein Gesamtkunstwerk einbettet.
Nicht zu unterschätzen der technische Support, der vom Spielenden sicherlich im ein oder anderen Falle gewährleistet werden muss. Aber auch hier werden mit dem Barriere-Abbau neue und bislang ungeahnte Verbindungen zwischen Publikum und Interpret:inn:en geknüpft.

Drei Personen stehen im Kreis und spielen auf Blasinstrumenten
v.l.n.r.: Rochus Aust, Verena Barié und Florian Walter (Bild: Fabia Alm)
Ein Saxophon liegt im Vordergrund und dahinter sitzen drei Personen die sich unterhalten
Hybridform aus Gespräch und Musik (Bild: Fabia Alm)

TELEFONKONZERTE · Digitale Musikkulturen 2020 · Preis für innovative Konzertformate des NRW-Kultursekretariats

Nieves de la Fuente Gutiérrez

Seit dem Sommersemester 2021 hat Nieves de la Fuente Gutiérrez als zweite Residenzkünstler*in in der Bildungswerkstatt gestaltend gearbeitet.

Homepage Nieves de la Fuente
Stark digital bearbeitetes Bild von Nieves de la Fuente Gutiérrez
Bild: Nieves de la Fuente Gutiérrez

5 Fragen an Nieves de la Fuente Gutiérrez

Hast du ein bestimmtes Selbstbild von dir als Künstlerin?

Ich möchte mich als Künstlerin sehen, die Forschung und künstlerische Produktion als spielerische Annäherung an Themen nutzt, die mich interessieren. In diesen Spielen kann ich Fragen aus meiner eigenen Perspektive stellen und auf Themen zugreifen, die meine Untersuchungen in den letzten Jahren geleitet haben, wie zum Beispiel die Konstruktion des Territoriums und der Erinnerung.

Wie würdest du dein Weltbild beschreiben?

Ich weiß nicht, wie ich diese Frage in einer Antwort zusammenfassen soll. Ich glaube auch nicht, dass sie sich wesentlich von der unterscheidet, die eine Person meiner Generation und meiner Herkunft haben könnte. Gleichzeitig denke ich, dass es für mich ziemlich schwierig ist, dies zu beantworten, weil sich das Bild der Welt ständig verändert und mit unseren Erfahrungen korreliert, die an sich aktualisierbar sind. Ich vermute, dass diese Störungen in meinem Bild von der Welt der Grund dafür sind, dass ich mich mit bestimmten Themen in persönlichen künstlerischen Projekten auseinandersetzen möchte. Was ich mir für die Zukunft dieses Bildes wünsche, ist, dass es anfängt, mehr mit der Politik der Fürsorge in Einklang zu stehen, so dass sich jeder und alles von ihm repräsentiert fühlen kann.

Hast du einen persönlichen Bildungs-/und Weltenzugang? Wie machst du die Welt für dich erfahrbar?

Auch diese Frage ist für mich recht schwer zu beantworten. In letzter Zeit habe ich mich sehr für immersive Technologien interessiert, die eine andere Art der Überlagerung von Erfahrungsschichten über unsere eigenen implizieren. Ich weiß nicht, ob eine Art und Weise, sich die Welt digital anzueignen (zum Beispiel in Form von 3D-Scans), meine Erfahrung mit ihr bereits verändert haben könnte. Vielleicht kann die Übersetzung von Erfahrungen von einem Medium in ein anderes diese Perspektive verzerren, aber so hatte ich das bisher noch nicht betrachtet.

Medien – welchen Fluch und welchen Segen haben diese virtuellen Welten für dich?

Ich glaube, dass sie, wie alles andere auch, weder einen einzigen Fluch noch einen einzigen Segen mit sich bringen. Virtuelle Welten bringen eine Flut von Folgen oder Störungen auf sozialer Ebene, auf struktureller Ebene, auf politischer Ebene usw. mit sich, die mit der Art und Weise ihrer Konstruktion zu tun haben. Was ich am Virtuellen mag, ist, dass es formbar ist. Die Struktur von Nullen und Einsen oder die Liste von Vektoren, die eine virtuelle Landschaft definiert, kann ich zum Beispiel nach Belieben transformieren, mit viel weniger Arbeit, als wenn ich es analog machen würde. Ich finde das sehr amüsant, aber ich denke, es kann ein Pro und gleichzeitig ein Contra sein, zum Beispiel für Leute, die immer noch nach der Wahrheit im Digitalen suchen.

Was macht es für dich attraktiv, deine Arbeit grade im Hochschulkontext zu teilen?

Ich bin an einer Residenz in der Bildungswerkstatt interessiert, weil sie eine Möglichkeit bietet, miteinander in Kontakt zu kommen. Wie ich schon sagte, gehe ich an Themen, die mich interessieren, auf meine eigene Art heran, die sich von der Art und Weise, wie es in anderen Institutionen gemacht wird, völlig unterscheidet. Deshalb interessiert mich an all dem vor allem der Austausch und der Kontakt mit anderen Arten, Fragen zu stellen.

 

Originaltext:

Do you have a particular self-image of yourself as an artist?

I want to see myself as an artist who uses research and artistic production as playful approaches to topics that interest me. In these games I can pose questions from my own perspective and access issues that have been directing my investigations these last years such as the construction of the territory and memory.

How would you describe your world view?

I don’t know how to summarize this question in one answer. I also don’t think it is quite different from the one that a person of my generation and my origins might have. At the same time, I think it is quite difficult for me to answer this because the image of the world is constantly changing and correlates with our experiences, which are in themselves updatable. I suppose that those disturbances in my image of the world is what makes me want to deal with certain themes in personal artistic projects. What I would like for the future of that image is that it starts to be more in tune with the politics of care so that everyone and everything can feel represented by it.

Do you have a personal approach to education and the world? How do you make the world experienceable for you?

This question is also quite difficult for me to answer. Lately I have been quite interested in immersive technologies, which imply a different way of superimposing layers of experience on top of our own. I don’t know if a way of appropriating the world digitally (in the form of 3D scans, for example) may have already transformed my experience of it. Maybe the translation of experiences from one media to another may distort this perspective, but I had not considered it in this way until now.

Media – which curse and which blessing do these virtual worlds have for you?

I believe that, like everything else, they do not imply a single curse or a single blessing. Virtual worlds bring with them a flood of consequences or disturbances at a social level, at a structural level, at a political level, etc. that have to do with the way in which they are constructed. What I like about the virtual is that it is malleable. The structure of zeros and ones or the list of vectors that defines a virtual landscape, for example, I can transform it at will, with much less work than if I did it in analog. I find this very amusing, but I think it can be a pro and at the same time a con, for example, for people who are still looking for the truth in the digital.

What makes it attractive for you to share your work in a university context?

I am interested ins residency at Bildungswerkstatt because it offers an opportunity to get in touch with each other. As I said before, I approach topics that interest me in my own way, which is totally different from the way it is done in other institutions. Therefore, what interests me most in all this is the exchange and contact with other ways of asking questions.

Medienkunst

Im Handlungsfeld Kulturen, Lebenswelten richtet sich der Blick auf Kinder und Familien in ihren informellen und alltäglichen Kontexten und ihre subjektiven Aneignungsweisen durch symbolische Praktiken und Medien. Mit Medien sind hier in einem abstrakten Sinne sämtliche Dimensionen gemeint, in denen Bildungsprozesse stattfinden können. Diese werden im Studiengang „Bildungszugänge“ genannt und in einem Modul verortet, wozu auch der Bildungszugang Medien zählt, bei dem digitale Medien in ihrer Eigenart als Selbst- und Weltzugänge und mit ihrem Potential für entsprechende Bildungsprozesse im Mittelpunkt stehen. In diesem Handlungsfeld muss die Bedeutung digitaler Medien für Kinder und Familien auch auf der Basis eigener Medienkunde und reflektierter Mediennutzung analysiert werden, um daraus kritisch-differenzierende und vor allem kreativ- gestaltende pädagogische und didaktische Handlungsoptionen begründet ableiten zu können.

NO ZOOM, NO FEEDBACK

Eine Zoomsitzung mit Rochus Aust, dem Artist der Residence ,Digitale Irritationen‘. Instrumente hängen von der Decke und sind blau beläuchtet
Eine Zoomsitzung mit Rochus Aust, dem Artist der Residence ,Digitale Irritationen‘. Eine Leiter steht in einem großen Raum mit blauer Beläuchtung
Eine weitere Zoomsitzung mit Rochus Aust, dem Artist der Residence ,Digitale Irritationen‘ (Programm Curriculum 4.0) in der Bildungswerkstatt der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften (Bild: Kathrin Meiners)

Laptops zeichnen auf, Instrumente werden verhängt, Räume im Raum erschaffen und verändert; Töne, Geräusche, Zufälliges entsteht, eine Grauzone zwischen live-generierten Bildern/Klängen und Vorproduziertem wird erschaffen, der Raum zwischen echt und unecht gekrümmt und verkürzt – in den pandemisch erzeugten rein digitalen Lehr-/Lernsettings und Sitzungswelten – vermisste Rückmeldungen.

Wahrgenommenes wird rück-„gemeldet“: Feedback.

In einer weiteren Zoomsitzung NO STICK, NO LANDSCAPE wird Rochus Aust im Hof der Bildungswerkstatt wirken. Informationen folgen. Feedback erwünscht.

Eine Zoomsitzung mit Rochus Aust, dem Artist der Residence ,Digitale Irritationen‘. Instrumente hängen von der Decke
Vorbereitung auf die zweite Zoomsitzung von Rochus Aust in der Bildungswerkstatt (Bild: Yasemin Aslanhan)
Eine Zoomsitzung mit Rochus Aust, dem Artist der Residence ,Digitale Irritationen‘. Instrumente hängen von der Decke und sind blau beläuchtet
(Bild: Yasemin Aslanhan; Fabia Alm)
Eine Zoomsitzung mit Rochus Aust, dem Artist der Residence ,Digitale Irritationen‘. Instrumente hängen von der Decke und sind blau beläuchtet
(Bild: Yasemin Aslanhan; Fabia Alm)
 

ROCHUS AUST
NO ZOOM, NO FEEDBACK
my first zoom 2 · mobile Installation

für
5 Laptops
3 Video-/Licht-Projektionen
7-Kanal audio

2 Violoncelli
2 microKORG Synthesizer
3 halbakustische Gitarren
3 mobile Verstärker
6 Violinen

1 Laubsauger
3 random motion balls
11 Hexbugs nano
42 Tischtennisbälle
79 mobile Sitzelemente

26.01.2021 · 17.00h
Zoom Session · 09’ 00“
Bildungswerkstadt · Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften
TH Köln · Campus Südstadt · Ubierring 48 · 50678 Köln

Rochus Aust · Raumordnung/Musik/Instrumente/Medien
Yasemin Aslanhan · Zoom hosting

Stereo-Audio · Aufnahme/Schnitt · chez muziek köln
Video · Konzept/Aufnahme/Kamera/Schnitt · Rochus Aust/Jan Verbeek/Yasemin Aslanhan

im Rahmen von ‚Artist in Residence im Feld digitaler Kunst‘ an der TH Köln/Curriculum 4.0 NRW

NO STREAM, NO FEAR!

Eine Person mit einer Gasmaske hält eine weiß-rote Fahne
Die erste Zoomveranstaltung mit Rochus Aust, dem Artist der Residence ,Digitale Irritationen‘ (Programm Curriculum 4.0) in der Bildungswerkstatt der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften (Bild: Yasemin Aslanhan; Fabia Alm)

Anlässlich des diesjährig virtuellen „Dies Academicus“ am 17.12.2020, wurde ein ganz besonderer Raum durch die Bildungswerkstatt zugänglich, die mit dem Projekt „Artist of Residence“ Künstler:Innen die Möglichkeit gibt, durch ihre gestaltenden, schöpferischen Ausdrucksformen einen Bildungszugang zu kreieren, der durch ein virtuelles Format bereichert.

Den Auftakt gab Rochus Aust, der erste „Artist of Residence“, Trompeter, Installationskünstler und Entdecker bisher unbekannter Welten. Seine Performance „NO STREAM, NO FEAR“ zeigte klar, was möglich ist: Zehn Laptops, die dem Zuschauer zehn Zoom-Fenster zeigten, nahmen auf, was in nur drei Räumen passierte. Mit seinen Kolleg:innen Verena Barié und Jan Verbeek erschuf Aust ein virtuelles Ideenland, das den Teilnehmern mit jedem Zoom-Fenster einen neuen Zugang eröffnete: Während sich der Zuschauer in einem der Fenster noch seiner Faszination hingibt, zeigen sich bereits in Fenstern zwei, drei und vier neue bewegte Welten. Mit scheinbar unsichtbarer Hand werden Räder gedreht, Nussknacker bewegt, Fahnen geschwenkt. Gleichzeitig werden Trompete, Klavier und Flöte gespielt und Filme vor- und zurückgespult. Während in einem Fenster Ping Pong-Bälle auf einem Bildschirm hüpfen, läuft durch ein anderes Fenster ein Mensch mit Gasmaske, dazu vier Menschen, die nebeneinander Fahrrad fahren und ein Regenschirm, der durch das Bild gleitet.

Auditiv und visuell bringt Aust durch das Öffnen immer neuer, belebter Fenster den Zuschauer ins Staunen. Nach dieser Performance nennt man Rochus Aust wohl auch zu Recht den „Mann mit den 1000 Armen“.

Rochus Aust hält mehrere Sachen in der Hand und wird von einem Mann gefilmt
(Bild: Yasemin Aslanhan; Fabia Alm)
Eine Frau läuft in einem Raum rum in dem verschiedene Elemente installiert sind.
(Bild: Yasemin Aslanhan; Fabia Alm)
Eine Zoomsitzung mit Rochus Aust, dem Artist der Residence ,Digitale Irritationen‘. Ein Bildschirm steht in einem Raum auf dem mehrere Zoom kacheln zu sehen sind
(Bild: Yasemin Aslanhan; Fabia Alm)
Eine Zoomsitzung mit Rochus Aust, dem Artist der Residence ,Digitale Irritationen‘. Flöten hängen von der Decke
(Bild: Yasemin Aslanhan; Fabia Alm)
Ein ZoomBlogLuckShot von Rochus Aust

An Tag 2 von Shutdown 3.0 sind 8 Türchen im Kalender geschlossen. Auch das noch! Soviel Lockup war noch nie, sagt der Präsident: Wer jetzt keine Weihnachtsgeschenke hat, bekommt auch keine mehr. Der Medienperformer Rochus Aust ergreift die Chance, den einsamen Türchen die Schließung zu entreißen. Allerdings zu einem sehr sehr hohen persönlichen Preis: seiner allerersten Zoom-Session überhaupt. „Ich überwinde meinen Stolz, Microsoft und Zoom bisher niemals angerührt zu haben und opfere ihn der Ehre, Digitale Irritationen als artist-in-residence in der TH Köln anpflanzen zu dürfen. Der Rest ist Rückblick, denn Online war nichteinmal gestern.“ (Rochus Aust im Interview mit Franka Bandoni für Digital Dogs, 2020)

15 Minuten digital-pandemischer Verlauf mit ungewissem Ausgang?
Visueller overkill zur Vertreibung von Todesangst?
Medienpiraterie akademischer Bildungsräume?
Akustische Intensivstation für Mehrdenker?
Künstlerische Zwangsimpfung oder simple Verbortheit von digital-grandpa?

Ja, nein, viel einfacher: Mehr Weihnachten wird es nie mehr geben!

NO STREAM, NO FEAR!
my first zoom 1

für
10 Laptops
3 Video-Projektionen
3 Video-Monitore

Klavier
Flügelhorn
Tibetische Dun-Chen Trompete
Fahrrad
Gasmaske
Schweißermaske
Pilotenhelm
2 Nussknacker
3 elektrische Drehscheiben
3 Periskope
4 Regenschirme
8 Blockflöten
9 Adventskalendertürchen
9 Landesfahnen
11 Hexbugs nano
21 Blechdosen
42 Tischtennisbälle

Medien-Zuspielungen
Ganz Große Fuge, Siegburg 03/2020
Digital Freeze Cooperation, Frankfurt/M 05/2020
Fine New Instruments, Köln 09/2020
Re-Ensoundment, Düsseldorf 11/2020
Die Wohnung Einhundert, Klaipeda 12/2020
Krim Singers, Köln 12/2020

Audio-Zuspielung
Languisco e moro (Don Carlo Gesualdo da Venosa), 1595

17.12.2020 · 10.00h
Zoom Session · 07’ 33“ (15’00’‘)
Bildungswerkstatt · Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften
TH Köln · Campus Südstadt · Ubierring 48 · 50678 Köln

Rochus Aust · Raumordnung/Musik/Medien/Flügelhorn
Verena Barié · Audio hosting/Blockflöten/specials
Jan Verbeek · Video hosting/specials
Yasemin Aslanhan · Zoom hosting

Video-Dokumentation · Konzept/Aufnahme/Kamera/Schnitt · Rochus Aust/Jan Verbeek/Yasemin Aslanhan

im Rahmen von ‚Artist in Residence im Feld digitaler Kunst‘ an der TH Köln/Curriculum 4.0 NRW

Rochus Aust

Rochus Aust ist seit dem WiSe20/21 der erste Artist in Residence der TH Köln. Er ist Installations- und Klangkünstler, Medienperfomer und Musiker. Seine Residenz stellt Aust unter den Titel „Digitale Irritationen“. Diese bringt er in und neben der Lehre, mittels Zugängen hinsichtlich aktueller Kommunikations- und Interaktionsorte, durch künstlerische Ansätze zur Geltung.

Foto von Rochus Aust by Jan Verbeek, Klangbasierte Künste 2020
Rochus Aust by Jan Verbeek, Klangbasierte Künste 2020

5 Fragen an Rochus Aust

Hast du ein besonderes Selbstbild von dir als Künstler?

Der moderne Hofnarr: Mir gefällt die Position ggf. auch Institution des aus „Aus-dem-System-Gefallenen“ oder des „Außerhalb-des-Systems-Agierenden“. Der, der nicht nur die Erlaubnis, sondern auch die Aufgabe hat, der Obrigkeit/Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten und Kritik auszusprechen bzw. zu kreieren. Und der, der dafür als einziger nicht gehängt, sondern belohnt wird. Dass er dabei Kunst erschafft ist nur ein Kollateralschaden. „Im französischen Schachspiel hat der Narr („Fou“) gar die Rolle des Läufers im deutschen Schach.“ (Wikipedia, 22.02.2021, 10.42h).

Wie würdest du dein Weltbild beschreiben?

Alles unterliegt einer Kausalität (siehe auch die Geschichte vom völlig nackten Hausblockverwalter von Daniil Charms). Diese Kausalität ist aber fast überall völlig undurchschaubar und unverständlich. Deswegen haben die Einen Gott erfunden und die Anderen den Zufall. Fakt ist, dass alle immer noch auf der Erde herumtappen, als wäre sie eine Scheibe und darüber sprechen, dass sie ja nicht mehr eine Scheibe ist. Ich glaube, dass sich mein Weltbild ständig und fließend verändert, mit jeder Begegnung, mit jeder Kommunikation, mit jedem Gegenstand/ Zustand und deshalb tausche ich Gott bzw. den Zufall vorerst gegen die Behauptung ein und stehe damit immer am Anfang des jeweiligen Experimentes. Meine grundsätzliche Frage ist: Wie hoch muss ich heute springen, damit sich die Welt unter mir wie genug weit gedreht hat, wenn ich wieder wie auf den Boden komme.

Hast du einen persönlichen Bildungs-/und Weltenzugang? Wie machst du die Welt für dich erfahrbar?

Durch die Straßen laufen (im besten Falle nicht nur der eigenen Stadt) und dabei nicht nur auf den Boden/Handy schauen (aber auch).

Medien – welchen Fluch und welchen Segen haben diese virtuellen Welten?

Für die Beantwortung dieser Frage bin ich eigentlich zu voreingenommen, weil zukünftiger digital-grandpa. Ich bin allerdings sehr froh, dass ich durch die Gnade der frühen Geburt zuerst die echte Welt und da-nach die virtuelle Welt kennengelernt habe. Bei zukünftigen Generationen wird das bald umgekehrt sein und natürlich wird man vortrefflich im (digitalen?) Schaukelstuhl darüber streiten können, was denn nun „echt“ wirklich bedeutet.

Was macht es für dich attraktiv deine Arbeit grade im Hochschulkontext zu teilen?

Ehrlich gesagt: garnichts, bis ich an der TH angefangen habe. Ich habe Hochschulen/Universitäten in meiner poststudentischen Zeit immer nur kennengelernt als Orte, an denen eigentlich viel möglich wäre, auch viel gewollt ist, aber die reale Umsetzung schnell in einem Wust aus Tagesgeschäft, Zeit- und Raum-traffic untergeht und – das war bislang die ernüchterndste Erkenntnis – dass dies für alle Beteiligten innerhalb des Systems Hochschule auch völlig ok war. Die Verschiebung oder/ und Nichtrealisierung als erste und nicht als allerletzte Option. Man kann aber man muss nicht. Das hat mich schon immer irritiert. Außer-dem hatte Hochschule in meiner Wahrnehmung selten etwas mit Wirklichkeit zu tun. Wenn nun eine Hochschule (oder eine Firma oder ein think tank) eine Position als „Artist in Residence“ ausschreibt, wünscht sie sich (im besten Falle) jemanden, der von außen etwas hineinträgt, was es dort nicht gibt oder so nicht gibt. Das habe ich als „Wirklichkeit“ interpretiert und das finde ich sehr spannend. Wenn ich also meine Wirklichkeit ein- bzw. mitbringe, ist das einerseits erstmal ein schlichter know-how-Transfer, andererseits aber auch ein komplexer Strukturtest in dem Sinne, ob die unterschiedlichen „Wirklichkeiten“ überhaupt miteinander/nebeneinander existieren/ korrespondieren/kommunizieren können und was daraus dann entsteht. Und es ist auch ein Struktur-test auf beiden Seiten, was für mich wirklich „attraktiv“ ist. Das entstehende Produkt selbst steht nicht oder noch nicht im Vordergrund. Die Kunst wird als Orchidee eingepflanzt und endet als Seerose (oben Blüte unten Schlingpflanze).