Die Bedeutung der eigenen Biografie für die professionelle Identität in der Kita tätiger Fachkräfte.

Ein Forschungskolloquium mit Prof.in Dr.in Antje Rothe

05. Mai 2023

Abstract zum Vortrag

Biografischen Erfahrungen, insbesondere Kindheitserfahrungen, frühpädagogischer Fachkräfte wird im frühpädagogischen Diskurs einige Relevanz für das professionelle Denken und Handeln beigemessen. Dabei wurde dieser Zusammenhang lange Zeit mehr behauptet als belegt. Die Studie mit dem Kurztitel „Professionalität und Biografie“ untersuchte im Zeitraum von 2013 bis 2017, auf der Basis autobiografisch-narrativer Interviews, die Konstitution des Verhältnisses von biografischen Erfahrungen und der professionellen Identität in Kindertageseinrichtungen tätiger Fachkräfte.

Vor dem Hintergrund eines explorativen Erkenntnisinteresses, das sich der spezifischen Konstitution des Verhältnisses von Biografie und Professionalität widmet, greift die Studie auf die professionssoziologischen und biografieanalytischen Arbeiten von Schütze (1994a, 2000/2016) zurück und das darin zentrale Konzept der professionellen Identität. Die überwiegend implizit verbleibenden theoretischen Voraussetzungen, die Schütze in Anlehnung an Mead (1973/2013) in seiner Auseinandersetzung mit professioneller Identität im Spannungsfeld von Professionalität und Biografie leistet, wurden in der Arbeit expliziert. Professionelle Identität ist folglich als sozial vermittelt sowie bereichs- und lebensphasenübergreifend zu verstehen. Sie kristallisiert sich in Verschränkung von Mikro- und Makrostrukturen und formiert sich vor allem in Verbindung mit Momenten biografischer Ungewissheit. Das Konzept der professionellen Identität erscheint besonders geeignet, da es eine relationierende Perspektive sowohl auf einzelne Lebensbereiche als auch aneinander anschließende Lebensphasen nahelegt und als solches eine theoretisch hergestellte Trennung von vorberuflichen und beruflichen Erfahrungen, Erfahrungen aus non-formalen und formalen Kontexten etc. vermeidet.

Die Ergebnisse zeigen zum einen die besondere Bedeutung biografischer Erfahrungen aus der Lebensphase der Kindheit und der Adoleszenz, die wirkmächtige normative Bilder von Kindheit konstituieren, die als überwiegend implizite Orientierungsfolie in das professionelle Denken der Fachkräfte hineinwirken. Des Weiteren verweisen die Ergebnisse auf die besondere Relevanz biografischer Krisenmomente für das Verhältnis zur eigenen Biografie, was im Zusammenhang mit einer (Neu-) Konstitution professioneller Identität bedeutsam ist.

Reasons and arguments to preserve some analogue practices in the University digital age

Ein Englischsprachiger Vortrag von Bianca Thoilliez Ruano (Profesora Contratada Doctora, Departmento de Pedagogia, Universidad Autónoma de Madrid, Facultad de Formación de Profesorado y Educatión)

Wann? 28. November 2022 von 15:45 Uhr bis 17:15 Uhr

Wo? Hybrid

Anmeldung: Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Hinweis: Bei dem Kolloquium 4.0 wird der Vortrag aufgezeichnet, aber nicht die anschließende Diskussion.

Abstract zum Vortrag

Our ways of thinking and writing are mediated and traversed by the technological means that we use. The teaching and study activities that take place in the university context have not been, nor are they now, outside this defining mediation of technologies. However, is there a point where some technologies may be defining our university practices in such a way as to change them to the point of making them unrecognizable? On this occasion I will propose a series of reasons and arguments, based on a careful reading of empirical evidence produced in the field of educational sciences, why it may be convenient to preserve some analogue practices in the midst of the university digital era in that we live (if we want the University to continue fulfilling and expanding the purposes that give its meaning and significance).

Hochschuldidaktische Medialität: Soziale Arbeit über Literatur verstehen?

Ein Vortrag von Alexander Ristau (Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Sozialpädagogische Familienwissenschaften an der Universität Vechta)

Wann? 31. Mai 2022 von 17.30  Uhr bis 19.00 Uhr

Wo? Fakultät 01, Bildungswerkstatt am Ubierring 48, 50678 Köln

Der Vortrag ist unterteilt in folgende Abschnitte:
00:00 Das Verhältnis von Poesie, fiktionaler Literatur und Wissenschaft

Wie stehen sich Poesie, fiktionale Literatur und Wissenschaft gegenüber/zueinander (oder auch nicht gegenüber)?

03:45 Spurensuche: Aus Geschichten lernen

Diskurs zu Wissen/Wahrheit aus literarischen Texten, daraus entstand erziehungswissenschaftliche Biographieforschung, aber weniger bezogen auf Wissen aus der Literatur.

06:35 Wo findet Soziale Arbeit in der Literatur statt?

Wie ist die Soziale Arbeit/sind Sozialarbeiter*innen in der Literatur vertreten? Wenn überhaupt sehr unterschiedlich. Schwierigkeit: „Sozialpädagogisches Handeln ist nicht einfach so als solches zu erkennen“

09:57 Theorie des sozialpädagogischen Diskurses

Wie sind sozialpädagogische Aussagen definiert? „Wann ist eine Aussage sozialpädagogisch?“ Literarische Darstellungsformen können Form von sozialpädagogischen Theorien annehmen.

13:19 Wissenschaftlich Erfassen vs. Ästhetische Bedeutung

Über verschiedene Darstellungsformen einen anderen Zugang zur Welt gewinnen

14:40 Wissen/Wahrheit aus Literatur?

Ungeklärtes Verhältnis, aber „in der Unterschiedlichkeit ernst nehmen“

25:32 Literatur als Reflexionsangebot

Über Literatur eigene subjektive und sozialwissenschaftliche Theorien sichtbar machen

Mehr zum Referenten: Ristau

Abstract zum Vortrag

Das „Lernen aus Geschichten“, wie es bei Baacke/Schulze (u. a. 1993) im Nachtrag der DGFE-Arbeitsgruppe „Wissenschaftliche Erschließung autobiographischer und literarischer Quellen für pädagogische Erkenntnis“ entworfen wurde, gilt als eine Keimzelle erziehungs-wissenschaftlicher Biographieforschung (vgl. Ecarius 2018). In dieser hat sich ein breiter Diskurs um methodologische und methodische Fragen etabliert. Biographien werden in dieser Forschungsrichtung allerdings meist anhand von Interviews oder anderen Datenquellen aus dem Repertoire der qualitativen Sozialforschung in den Blick ge-nommen (vgl. Koller/ Rieger-Ladich 2005). Die Auseinandersetzung mit literarischen Quellen ist hingegen ─ mit vergleichsweise wenigen Ausnahmen (wie z.B. Mollenhauer 2008 oder Oelkers 1985) ─ auf der Strecke geblieben. In jüngster Vergangenheit erfährt die Belletristik (die „schöne Literatur“) in der Sozialen Arbeit eine neue Aufmerksamkeit (wie z.B. Winkler 2022). Streitbar bleibt: warum eigentlich? Die Öffnung zu einem ästhetischen Weltbezug irritiert, insbesondere, wenn eine wissenschaftliche Absicherung des sozialpädagogischen Denkens gefordert wird. Im Vortrag wird gefragt, warum es lohnenswert sein kann, sich in sozialpädagogischen Professionalisierungsprozessen von anderen Quellen als den eigenen Theorien inspirieren, vielleicht sogar provozieren zu lassen.

Digitale Transformation der Sozialtheorie. Ein Forschungsupdate

Ein Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Dr. Steffen Roth (Professur für Management an der Excelia Wirtschaftshochschule La Rochelle, Professur für Sozialwissenschaften an der Kazimieras-Simonavicius-Universität, Gastprofessur an der Universität Witten-Herdecke)

WO? Fakultät 01, Bildungswerkstatt am Ubierring 48, 50678 Köln

WANN? 03. Mai 2022 von 17.30 Uhr bis 19.00 Uhr

Der Vortrag ist unterteilt in folgende Abschnitte:
00:00 Vorstellung, Gliederung und Einstieg Digitale Transformation

„wir nutzen Computer für alles, außer für das eigentliche Computer-Ding“ (Programmieren)
 Wie nähern wir uns Digitalisierung? Was sind Tabellen?

11:25 binäre Übersetzungen

Digitale Transformation durch Tabellen/Matrix; eine binäre Übersetzung setzt die Tabelle voraus. Binäre Übersetzungen vor dem Computer in Form von Lochkarten. Auch Bildschirme sind Tabellen.

18:45 Wahre und falsche Unterscheidungen

„wir müssen unterscheiden, um zu bezeichnen“ Wahre Unterscheidungen schließen sich gegenseitig aus. In der Kombination von Unterscheidungen entstehen „Fenster zur Welt“ und treten auch in Form von Managementtools auf.

34:20 Ein Dilemma mit dem Tetralemma lösen

Dilemma tritt nur auf, wenn es keine wahre Unterscheidung ist. In der Erweiterung auf das Tetralemma können wahre Unterscheidungen durchgeführt werden und dadurch ein Dilemma gelöst werden. (es sind wieder/immer noch Tabellen)

42:30 Leitunterscheidungen, Elektrifizierung und digitales Denken

Was sind die Leitunterscheidungen in der Sozialtheorie?Sind die Unterscheidungen der Gegenwart auf wahren Unterscheidungen aufgebaut? Wichtige Unterscheidung zwischen Elektrifizierung und Digitalisierung, Elektrifizierung ohne Digitalisierungohne problematisch.„Digitales Denken ist Denken in Alternativen“

Mehr zum Referenten: derroth.com

ABSTRACT ZUM VORTRAG

Gegenstand des Vortrags ist ein Grundgerüst einer digital transfor-mierten Sozialtheorie. Die zunehmende Bedeutung von Computer-technologie und digitaler Information hat sozialwissenschaftliche Forschungsprozesse revolutioniert und beachtliche Methoden-innovationen angeregt. Dabei zeigt sich, dass uns die digitale Transformation von Gesellschaft und Sozialforschung nicht nur neue Themenfelder und immer grössere Datensätze erschliesst, an denen sich traditionelle, «analoge» Sozialtheorien abarbeiten können, sondern dass diese Entwicklungen auch die Möglichkeit und Notwendig dezidiert digitaler Formen von Sozialtheorie begründen. Vor diesem Hintergrund zeigt Prof. Roth zunächst, dass jedwede Form von Digitalität auf binären Unterscheidungen basiert. Da sich jedwede Theorie auf Wahrheit bezieht, muss jede Form von digitaler Theorie mit dem Unterschied von wahren und falschen Unterscheidungen operieren. Auf dieser Grundlage lässt sich zeigen, dass und wie matrix-förmige Theoriearchitekturen bestehend aus wahren Unterscheidungen die Komplexität analoger Sozialtheorien systematisch reduzieren und entfalten können. Im Ergebnis dieser Demonstration steht die Idee eines Supervacuus, einer im besten Sinne inhaltsleeren The- oriearchitektur, deren einzige Prämisse die Unterscheidung (von wahren und falschen Unterscheidungen) ist, und die just deshalb alle analogen Theorieprogramme emulieren kann. Ein derart digital transformiertes Theorieprogramm dürfte sich als besonders nützlich für Beobachtungen der digitalen Transformation von Gesellschaft erweisen.

Doing digitality – Praktiken im Spannungsfeld zwischen Digitalität und Digitalisierung

Ein Vortrag von Prof. Dr. Marc Weinhardt (Professur für Sozial-pädagogik I an der Universität Trier)

Abstract zum Vortrag

Praktiken der Erziehung und Bildung sind bereits seit längerem verwoben mit der Nutzung digitaler Dinge. Aber nicht jede Nutzung digitaler Dinge lässt sich als zielgerichtete Digitalisierung begreifen, die beispielsweise der Anschaffung und Nutzung von Tablets und Lernsoftware in Kita und Schule zugrunde liegt. Vielmehr lässt sich auch beobachten, dass alltäglich vollzogene Digitalität Eingang in Praktiken der Erziehung und Bildung findet – unter anderem, wenn Kinder in Interviews auf die Frage, wer zu Hause wohnt, antworten: Mama, Papa, mein Bruder, das Meerschweinchen und Siri.

Entlang einer praxistheoretischen Perspektive wird in Vortrag und Diskussion der Einbezug digitaler Dinge in Erziehungs- und Bildungspraktiken als Herausforderung für die Reflexion und Planung professionellen Handelns entfaltet.

Der Vortrag ist unterteilt in folgende Abschnitte:
00:00 „Digitalität“ und „Digitalisierung“
09:21 „As-if-Perspektive“ oder „Neukonstitution des Sozialen“
19:45 Emanzipatorischer Bildungsbegriff trotz postmoderner Perspektiven? 
24:00 Bedeutung und Konsequenzen einer emanzipatorischen Perspektive 
28:11 Didaktische und medienpädagogische Konzepte
30:36 „Elektronische Befreiungsmaschine“ für didaktische Konzeptionen
39:58 Abschluss und Ausblick

Page versus screen: A phenomenology of contemporary reading

Vortrag von Prof. Dr. Norm Friesen (Boise State University in Idaho, USA)

Wann? 27. September 2021 17.00 bis 19.00 Uhr

Wo? Fakultät 01, Bildungswerkstatt (Präsenzveranstaltung)

Der Vortrag ist unterteilt in folgende Abschnitte:
00:00 Vorstellung und Einführung “Das Lesen”
Vom Rezitieren der Bibel hin zum Lesen
 
07:41 Überblick bzw. Gliederung des Vortrags
 
08:38 Texte in der Literatur

Ein im-Text-Sein, der Text im Buch verändert Lesende. Sie lassen beim Lesen einen Teil von sich zurück und nehmen dabei etwas für sich mit. Durch die Beschreibung von Situationen/Settings in eben nicht allzu hoher Detailliertheit machen sich die Lesenden den Text zu eigen und ‘füllen die Lücken’ mit ihrer Vorstellungskraft.

18:22 Die Verbindung von Inhalt und Materialität bei Texten
Verbindung von Inhalt und Materialität bei Büchern klar vorgegeben. Die Seiten des Buches sind mit dem Text bedruckt. Anders verhält es sich mit Texten auf einem Bildschirm. Dieser kann nicht nur diesen einen Text sondern auch unendlich viele andere Texte, Bilder, Filme, … anzeigen. Der Inhalt ist von der Materialität gelöst.
 
23:45 Fokus und Ablenkung von Bildschirmen
Ohne die Materialität eines Buches kommt es beim Lesen auf einem Bildschirm häufiger zu Ablenkungen. Um diesen entgegen zu wirken, werden unterschiedlichste Strategien gefunden.
 
42:40 Ein anderes Lesen

Lesen wurde losgelöst von religiösen Schriften und moralischen Bedingungen. Lesende/Personen wurden nun mehr als Konsument*innen angesprochen (bspw. Werbung)

53:09 Zusammenfassung

Determinacy, interruptions und Directing attention

 
HINWEIS

Für die interne TH-Köln Nutzung können die Kolloquium 4.0 Vorträge über diesen Link auf der Ilias Plattform aufgerufen werden.

Abstract zum Vortrag 

Reading keeps changing: From a process largely bound to a static context, whether in a book or on a sign or a train schedule, reading has increasingly become a set of practices keeping up with (and also producing) information in networks and on screens. Starting as a kind of art, bound to a religious or aesthetic canon, reading has since been reconceptualized as a set of functional competencies, skills to be mobilized, transferred and deployed in order to navigate ever more complex informational environments. Correspondingly, the question of attention has become increasingly important, particularly in opposition to concerns over inattention and distraction—especially “digital distraction.” While the historical evidence suggests we are today indeed more distracted in our reading than before, attention and its opposite can only be viewed dialectically, as phenomena occurring between subject and (intentional) object, between figure and ground, activity and passivity, etc. In this presentation, Prof. Norm Friesen (Boise State University) works to locate the screen, the page and the commitments of pedagogy itself within this dialectic.